Schwäbische Comedy: Gelungene Premiere in der Steinturnhalle

„GSCHEIDLE“ UND „HÄMMERLE“ LOCKEN PUBLIKUM AUS DER RESERVE

Verein Kulturfabrik und Kulturamt ziehen positive Bilanz des Kabarett-Wochenendes mit zwei Meistern des schwäbischen Humors

 

Es war ein Wagnis – und es hat sich gelohnt: Das erste Wochenende mit schwäbischem Kabarett in der Leonberger Steinturnhalle wurde vom Publikum gut angenommen. Rund 70 Besucher am Freitag- und etwa die doppelte Anzahl am Samstagabend können als positives Zeichen für den vom Verein Kulturfabrik und dem städtischen Kulturamt nach der Pandemie eingeläuteten Neustart in Sachen Kleinkunst gewertet werden.

 

Lachen mit Alois Gscheidle: Das Publikum war vom ersten Augenblick an Teil des Geschehens. Foto: Martin Dutkiewicz

Den Auftakt machte am Freitagabend Marcus Neuweiler alias Alois Gscheidle mit seinem Programm „Rei´gschmeckt“. Publikumsnähe war von der ersten Minute an garantiert. Ob in seiner Rolle als gestrenger Hausmeister, knitzer Ehemann oder penible Hausfrau, stets schaffte es der Unterhalter, seine Zuhörer in das urig-komische Geschehen einzubinden. Etwa indem er Einzelne direkt ansprach wie bei der Einteilung in Einheimische und Zugezogene („Rei´gschmeckte“), indem er ihnen kleine Aufgaben zuwies oder den ganzen Saal zum Mitmachen animierte – wie beim Nachsprechen echt schwäbischer Zungenbrecher. Zum allgemeinen Vergnügen kamen jede Menge schwäbische Marotten zur Sprache, vom sprichwörtlichen Sauberkeitsfimmel (Kehrwoche und Mülltrennung) über die Schwäche für selbsterzeugten Alkohol (Moschtfässle) bis zur Vorliebe für die leichte Muse (Gesangsverein). Alles gewürzt mit heiter-trockenem, gelegentlich auch derb-schlüpfrigem Humor, überraschenden Lebensweisheiten und kuriosen Kurzgeschichten.

 

Aufräumen mit Hämmerle: Der „Kruscht“ auf der Bühne diente als Stichwortgeber für feinstes schwäbisches Improvisationstheater und schwäbische Covers bekannter Oldies. Foto: Gerd Straub

Am Samstagabend nahm dann Bernd Kohlhepp im froschgrünen Anzug seine Zuschauer mit auf eine rasante Frühjahrsputz-Tour unter dem Motto „Hämmerle räumt auf“. Was kam da nicht alles zutage? Die mit Jagdtrophäe, Globus, Kisten und allerlei sonstigem „Kruscht“ ausstaffierte Bühne war noch das Wenigste. Dienten doch all diese Requisiten nur als Stichwortgeber für situationsbedingte Einfälle, die an einem Abend so, an einem anderen Abend ganz anders verlaufen können. Denn der schwäbische Komiker, das wurde vom ersten Augenblick an klar, ist nicht nur Meister der Improvisation, sondern auch ein begnadeter Animateur und Unterhalter. Seine über den Abend verstreuten Interaktionen mit Besuchern ließen an Schlagfertigkeit, schwäbischem Mutterwitz und Geistesgegenwart nichts vermissen. Wer nicht gerade in den ersten Reihen saß, amüsierte sich köstlich. Hier ein Spontanreim auf den schwäbischsten aller Flüsse, den „Necker“, dort ein kalauernde Umdichtung von Goethes „Zauberlehrling“ oder eine skurrile Alltags-Story, sei es über ein Urlaubserlebnis oder einen Wortwechsel in der Bäckerei, gelegentlich angereichert mit lokalen Anspielungen. Stets schimmerten urschwäbische Tugenden durch wie etwa die sprichwörtliche Sparsamkeit, Bauernschläue oder Maulfaulheit (Urlaut „Hhhö?“). Neben Dingen und Erinnerungen räumte „Hämmerle“ auch mit alten Songs aus Omas Plattenschrank auf, indem er sie schwäbisch neu interpretierte und ganz nebenbei seine Qualität als Sänger unter Beweis stellte. Aus dem Carpenters-Hit „Please Mr. Postman“ zum Beispiel wurde „In den Moschd nei“, Bobby McFerrins „Don´t worry, be happy“ verwandelte sich in „Baby, des bepp i“. Sehr zum Vergnügen des Publikums, das den jeweiligen Refrain beizusteuern hatte. Die Lacher schwollen zum Begeisterungssturm, als der schwäbische Entertainer zum krönenden Abschluss ein „Liebeslied“ anstimmte. Seine Verse bestanden aus über den ganzen Abend hinweg herausgekitzelten Stichworten, mit denen er seinen unfreiwilligen Mitspieler/innen aus der ersten Reihe ein liebevolles musikalisches Denkmal setzte.

Eine Fotogalerie vom Kabarett-Wochenende finden Sie hier

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