Appelliert: Offener Brief an Leonbergs Oberbürgermeister

Appelliert: Offener Brief an Leonbergs Oberbürgermeister „Schuhfabrik nicht komplett Investor-Interessen überlassen“ Die beschlossene Sanierung der Alten Schuhfabrik lässt weiter auf sich warten. Zur Erinnerung: Vor rund eineinhalb Jahren, im Juli 2021, hat der Leonberger Gemeinderat einen – aus unserer Sicht –  problematischen Doppelbeschluss gefasst: Der mittlere (Fabrik-)Trakt der Alten Schuhfabrik soll erhalten und saniert werden. Allerdings nicht vom bisherigen Eigentümer, der Stadt, sondern von einem noch zu findenden privaten Investor. Bereits vor einem Jahr hatten wir Zweifel an dieser Investoren-Lösung angemeldet. Um unseren Bedenken auch öffentlich Nachdruck zu verleihen, haben wir im Frühjahr 2022 einen Offenen Brief an Oberbürgermeister Martin G. Cohn verfasst. Darin appellieren wir an den OB, im Sinne eines Positionspapiers des Deutschen Städtetags von 2015 „der Verbetriebswirtschaftung öffentlicher Räume (…) zugunsten von Räumen der Begegnung und des Austausches sowie der Stadtbildpflege entgegenzuwirken“. Konkret fordern wir den OB auf, „die Zukunft der Alten Schuhfabrik nicht komplett den finanziellen Interessen eines Investors zu überlassen.“ Vielmehr möge er sich dafür einsetzen, „dass ein Teil dieses Gebäudekomplexes von der Stadt übernommen/angemietet wird, um diese Räume preisgünstig sozio-kulturellen Einrichtungen zur Nutzung zu überlassen.“ Im Juni konnten wir den Offenen Brief an den OB übergeben. Zwar hat der OB bei dieser Gelegenheit unser Engagement als „gelebte Demokratie“ gelobt. Auf sichtbare Maßnahmen, die den von uns angestrebten Betrieb der Alten Schuhfabrik als kulturelles Begegnungszentrum gewährleisten, warten wir allerdings noch immer. Der Verein Kulturfabrik Leonberg wird sich weiter entschlossen dafür einsetzen, dass die Alte Schuhfabrik als nichtkommerzieller Ort des künstlerischen und kulturellen Austauschs für alle Bürger/innen erhalten bleibt und ausgebaut wird.

KuFa-Dokumentation: Offener Brief an Leonbergs Oberbürgermeister Martin G. Cohn

Offener Brief an Leonbergs Oberbürgermeister Martin G. Cohn, überreicht am 24. Juni 2022 Appell zur Schaffung eines Kulturzentrums als kreative und bildungspolitische Begegnungsstätte für alle Bürger/innen! Das Areal der Alten Schuhfabrik darf nicht ausschließlich kommerziell genutzt werden!   Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Cohn, das Thema „Alte Schuhfabrik“ hat in den vergangenen Monaten für Diskussionsstoff gesorgt. Wir halten den Beschluss des Gemeinderats für verfehlt, dass nun ein privater Investor über die Zukunft dieses Gebäudes entscheiden soll. Es steht zu befürchten, dass sich rein kommerzielle Gewinninteressen durchsetzen und hochpreisige Büro- und Wohnräume auf Kosten der Kultur entstehen. Damit hätte sich die Stadt einer einmaligen Chance beraubt!   Wie Sie wissen, hatte die Initiative Kulturfabrik Künstlerhaus Leonberg in einem mehrseitigen Konzept für ein sozio-kulturelles Zentrum dargelegt, welche Möglichkeiten sich mit der Sanierung des Gebäudekomplexes erschließen. Der neu gegründete Verein „KULTURFABRIK LEONBERG“ hat dieses Engagement nun bekräftigt. Der Verein setzt sich für die Schaffung eines Kulturzentrums auf dem Areal der Alten Schuhfabrik ein. Zu den Mitgliedern gehören kulturell interessierte, engagierte Bürger/innen ebenso wie freie Kunst- und Musikschaffende, Kultur-Veranstalter u.a. – es geht eben nicht, wie zuweilen hartnäckig behauptet, nur um die Interessen einzelner weniger Personen!   Auch wir, die Unterzeichner, sind der Meinung: Kunst und Kultur brauchen einen kreativen Raum, eine verwurzelte Heimat im Herzen einer lebendigen Stadt. Einen Ort für kreative und bildungspolitische Begegnungen für und von allen Bürger/innen!  Eine KULTURFABRIK LEONBERG als Ort der Vielfalt und des interkulturellen Austauschs, als offene Begegnungsstätte für alle und Ergänzung zur Leonberger Stadthalle, für Ateliers, Workshops, Vortragsreihen, Ausstellungen, Konzerte im kleinen Rahmen u.v.m.   Ob alleine oder im Zusammenspiel mit der Steinturnhalle – mit ihrer bewegten, bunten Historie ist die Alte Schuhfabrik ein perfekter Standort. Nicht viele Städte verfügen über einen solchen, über Jahrzehnte gewachsenen Standort der Kultur (siehe Chronik: Von der Alten Schuhfabrik zur Kulturfabrik). Andererseits haben kleinere Städte, beispielsweise Schorndorf, vorgemacht, wie ein Kulturzentrum das städtische Kulturleben bereichert! Leonberg, trotz seiner bald 50.000 Einwohner, steht ohne da!   Dabei gehört Leonberg auch dem Deutschen Städtetag an. In dessen Positionspapier „Kulturpolitik als Stadtpolitik“ von 2015 heißt es, politische Entscheidungen zur kulturellen Infrastruktur seien eine verantwortungsvolle Aufgabe, „weil sie das Lebensumfeld aller Bürgerinnen und Bürger betreffen und im Wettbewerb der Städte um Fachkräfte und Unternehmen eine hohe Bedeutung als Standortfaktor gewinnen.“ Und weiter: „Politik und Verwaltung müssen mehr Mut zu kulturellen Zwischen-, Um- und Nachnutzungen von öffentlichen Räumen zeigen. Die Kunstszenen und die Kultur gehören an geeignete Standorte und nicht auf Flächen mit dem geringsten Bodenwert. Der „Verbetriebswirtschaftlichung“ öffentlicher Räume ist zugunsten von Räumen der Begegnung und des Austausches sowie der Stadtbildpflege entgegenzuwirken“.   In diesem Sinne fordern wir die Stadt Leonberg auf, die Zukunft der Alten Schuhfabrik nicht komplett den finanziellen Interessen eines Investors zu überlassen, sondern sich dafür einzusetzen, dass ein Teil dieses Gebäudekomplexes von der Stadt übernommen/angemietet wird, um diese Räume preisgünstig sozio-kulturellen Einrichtungen zur Nutzung zu überlassen. Wir appellieren an Sie: Setzen Sie sich mit dem Verein Kulturfabrik zusammen! Gemeinsam lassen sich sicher aktiv und kreativ Ansätze und Lösungen erarbeiten!   Die Unterzeichner (7 Leonberger Vereine, 11 Kulturzentren aus der Region Stuttgart sowie 153 Einzelpersonen aus Leonberg und Umgebung)

KuFa-Dokumentation: Künstler kämpfen um die Schuhfabrik

LKZ-Artikel vom 12.04.2022 Künstler kämpfen um die Schuhfabrik Von Thomas K. Slotwinski Zum Original-Artikel Die Künstler in der alten Schuhfabrik in der Leonberger Innenstadt geben nicht auf. Sie werben weiterhin dafür, dass die einstige Produktionsstätte „ein Ort der Vielfalt und des interkulturellen Austauschs“ wird. Dafür haben sie einen eigenen Verein gegründet, dessen Name Motto ihres Projektes ist: Kulturfabrik Leonberg. Die Aktiven um die Vereinsvorstände Chris Heinemann und Karin Albrecht haben einen Brief an den Oberbürgermeister und die Stadträte geschrieben, in dem sie eindringlich davor warnen, die Entwicklung des Gebäudes ausschließlich einem privaten Investor zu überlassen. Denn so sieht im Moment die politische Beschlusslage aus. Mühevoller Kompromiss Es war ein mühevoller Kompromiss, zu dem sich vor knapp einem Jahr der Gemeinderat durchgerungen hat: Die westlichen und östlichen Teile des Gebäude an der Einmündung der Steinstraße in die Eltinger Straße sollen abgerissen werden. Der Kernbereich, in dem bis zum Jahr 1977 noch Schuhe hergestellt wurden, bleibt hingegen erhalten. Geplant sind dort Wohnungen in bester Lage am Rande der Altstadt und direkt gegenüber des künftigen Quartiers Postareal. Aber auch die Künstler, die in dem genau 125 Jahre alten Gebäude ihre Ateliers haben, dürfen hoffen, in einer umgestalteten Schuhfabrik präsent zu sein. Investor soll Generalsanierung stemmen Doch die Neugestaltung des alten Gebäudes soll nicht unter städtischer Regie laufen. Dafür, so sieht es die große Mehrheit im Gemeinderat, fehlt der stark schuldenbelasteten Stadt schlicht das Geld. Ein privater Investor soll eine Generalsanierung, die vor einem Jahr mit gut sieben Millionen Euro veranschlagt war, übernehmen. In dessen Plänen soll aber sichergestellt werden, dass die Kultur weiterhin einen Platz im einstigen Fabrikgebäude hat. Doch genau daran glauben die Aktiven des Vereins Kulturfabrik nicht. Die Lange Kunstnacht Anfang Mai hatten sie dafür genutzt, Besucher auf ihre Lage hinzuweisen und um Unterschriften zu bitten. Insgesamt 149 sind so zustande gekommen. Auch andere Vereine haben unterschrieben Auch elf regionale und sieben Leonberger Kulturvereine setzen sich für eine Schuhfabrik als Kulturstätte ein. Sie alle haben den offenen Brief mitunterzeichnet, den jetzt die Vereinsspitze beim Oberbürgermeister abgegeben hat. „Es steht zu befürchten, dass sich rein kommerzielle Gewinninteressen durchsetzen und hochpreisige Büro- und Wohnräume auf Kosten der Kultur entstehen“, argumentiert der Verein in dem Brief. Städtetag sieht Kultur als Standortfaktor Die Vorstände Heinemann und Albrecht berufen sich dabei auch auf ein Positionspapier des Deutschen Städtetages, dem Leonberg angehört, aus dem Jahr 2015: „Politische Entscheidungen zur kulturellen Infrastruktur sind eine verantwortungsvolle Aufgabe, weil sie das Lebensumfeld aller Bürger betreffen und im Wettbewerbe der Städte um Fachkräfte und Unternehmen eine hohe Bedeutung als Standortfaktort gewinnen“, heißt es dort. Und weiter: „Der Verbetriebswirtschaftlichung öffentlicher Räume ist zugunsten von Räumen der Begegnung und des Austausches entgegenzuwirken.“ Deshalb, so fordert der Verein Kulturfabrik, solle die Stadt die Zukunft der Schuhfabrik „nicht komplett den finanziellen Interessen eines Investors überlassen, sondern sich dafür einzusetzen, dass ein Teil des Gebäudekomplexes von der Stadt übernommen oder angemietet wird, um diese Räume preisgünstig sozio-kulturellen Einrichtungen zur Nutzung zu überlassen.“ Cohn lobt Initiative Zumindest beim Oberbürgermeister stoßen die Initiatoren auf offene Ohren. „Ich finde es großartig, dass sich die Bürgerinnen und Bürger zu einem Verein zusammengeschlossen haben und sich für ihre Ziele einsetzen“, sagt Martin Georg Cohn (SPD). „Das ist gelebte Demokratie.“ Gemeinsam mit dem Gemeinderat werde man das Schreiben nun in der nächsten Sitzung diskutieren. Damit verlässt der Sozialdemokrat Cohn zumindest in der Tendenz die bisherige Linie seiner Partei. Hatte doch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christa Weiß den Grünen, die das Anliegen der Künstler schon immer unterstützt haben, vor einem Jahr vorgeworfen, angesichts der leeren Stadtkasse „traumtänzerisch unterwegs“ zu sein.